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Wirksames Qualitätsmanagement – verschiedenste Unternehmen kämen wohl zu den unterschiedlichsten Definitionen davon, was das eigentlich genau ist. Welche Rolle spielt Qualität heute noch? Und welche Rolle sollte sie spielen? Im Interview mit Thomas Stöber, Vice President Management Systems bei WKW, geht Lutz Krämer, CPO bei Babtec, genau auf diese Fragen ein und möchte herausfinden, welchen Stellenwert gut geplante und vor allem gelebte Prozesse für ein wirksames Qualitätsmanagement haben.
Gespräch zwischen Thomas Stöber (WKW) und Lutz Krämer (Babtec)
Lutz Krämer: Was ist für Sie entscheidend, wenn wir über wirksames Qualitätsmanagement sprechen?
Thomas Stöber: Wir müssen in Prozessen denken und vor allem aber auch in Prozessen handeln!
Lutz Krämer: Klingt erst einmal sehr normenkonform. Was ist aus Ihrer Sicht daran so bedeutsam und wo sehen Sie den Mehrwert gegenüber dem, wie es heute in vielen Unternehmen gehandhabt wird?
Thomas Stöber: Wir befinden uns nach Jahren der Stabilität in einem rapiden Wandel und die Instabilität wird uns auch in Zukunft begleiten. Mit Blick auf diese instabile Zukunft mit immer neuen Herausforderungen wird sich zeigen, ob auf die beschriebenen Unternehmensprozesse wirklich Verlass ist. Werden diese überhaupt gelebt und wenn ja, sind sie robust genug, um auch neuen Bedingungen standzuhalten? Können z. B. neue Kolleg:innen oder neue Geschäftspartner:innen damit arbeiten? Laufen neue Projekte damit so gut, wie sie es auch sollen?
Lutz Krämer: Im besten Fall kann also die geleistete Aufbauarbeit der Qualität bei der Anlage und Beschreibung des Prozessmodells eines Unternehmens nun sehr hilfreich sein oder werden?
Thomas Stöber: Im Prinzip ja, entscheidend sind aber zwei Dinge. Zum einen ist deutlich zu machen, dass zur Qualität der Prozessbeschreibung auch ihre Wirksamkeit gehört. Zum anderen hängt das Gelingen erheblich vom Rollenverständnis der Qualität bzw. des Qualitätsmanagements ab.
Lutz Krämer: Was verstehen Sie unter der dem Rollenverständnis des Qualitätsmanagers?
Thomas Stöber: Zunächst sollten wir uns im Klaren sein, dass viele Qualitätsprobleme nicht immer unmittelbar etwas mit der Qualitätssicherung eines Produktes zu tun haben. Die Probleme stecken vielfach in vor- und nachgelagerten Prozessen der QS. Dies wird aktuell noch erschwert, da sich die Anforderungen der Kunden dynamisch verändern. Anforderungen werden heute viel weiter gefasst und beziehen sich zunehmend auch auf Dienstleistungen, Versorgungssicherheit oder die Für- sowie Nachsorgepflicht. Die Score Cards oder Kennzahlenberichte zur Lieferantenbeobachtung gehen weit über die Produktqualität in der QS hinaus. Beobachtet wird die Gesamt-Performance eines Lieferanten. Das muss auf Seiten des Lieferanten von allen Ansprechpartnern auf allen Ebenen verstanden und auch gelebt werden. Qualität lässt sich nicht mehr in eine Abteilung oder auf wenige Personen wegdelegieren. Das klassische Qualitätsverständnis, dass Qualität delegierbar ist, funktioniert nicht mehr.
Lutz Krämer: Was ist zu tun, damit es besser werden kann?
Thomas Stöber: Gern komme ich zurück zu der Aussage, dass wir in Prozessen denken, aber auch handeln müssen! Der Prozesseigner muss seinen Prozess kennen, argumentieren sowie gegenüber den verschiedenen Stakeholdern erklären und auch verteidigen können. Aus meiner Erfahrung als Auditor weiß ich nur zu gut, dass die gelebte Praxis hier aber oftmals anders aussieht. Prozessverantwortliche lassen sich gern vertreten und übertragen diese Aufgabe an Mitarbeiter aus dem Qualitätsmanagement, schließlich verantworten diese ja auch die Zertifizierung. Das ist aus meiner Sicht falschverstandene Hilfeleistung von Seiten der Qualität.
Lutz Krämer: Wie meinen Sie das?
Thomas Stöber: In der Qualität sprechen wir häufig von der Rolle des Feuerwehrmanns, der sich vielen Qualitätsverantwortlichen ausgesetzt sieht. Vielleicht hilft hierbei ein Bild: Ein Feuerwehrmann hilft in der Not, trägt aber nicht die Verantwortung für den Brand. Es ist also ein falschverstandenes Rollenverständnis, wenn der Qualitätsmanager erklären soll, warum ein Problem entstanden und was zu tun ist. Dies sollten besser die Prozesseigner sowie -anwender diskutieren und gegenüber Dritten erklären. Damit es aber möglichst wirkungsvoll geschieht und das Unternehmen insgesamt davon profitiert, empfiehlt sich beim Vorgehen der Einsatz standardisierter Qualitätswerkzeuge. Hier verfügt das Qualitätsmanagement über ein großes Portfolio bewährter Methoden und Werkzeuge, z. B. zur Ursachen- und Wirkungsanalyse. Indem der Qualitätsmanager bei der Auswahl sowie dem Einsatz der Methoden und Werkzeuge wirkungsvoll unterstützt, vollzieht er selber einen Rollenwechsel. Ist dieser erst einmal erfolgt, wird Qualität aus Sicht aller Beteiligten zur helfenden Hand.
Lutz Krämer: Was ist mit den Normenanforderungen aus diversen Managementsystemen? In manchen Unternehmen ist schon heute die Qualität erster Anlaufpunkt für alle Managementsysteme, welchen Trend sehen Sie und wie verhält sich das z. B. mit Blick auf die Anforderungen an die Nachhaltigkeit?
Thomas Stöber: Regulative Anforderungen kommen von extern, sie adressieren die Unternehmen in Gänze und keiner erwartet oder fordert ein isoliertes Managementsystem. Insbesondere im Themenfeld Nachhaltigkeit stellen wir z. B. fest, dass Anforderungen aus der Nachhaltigkeit oftmals auch Anforderungen an die Qualität sind und umgekehrt. Klassische Produktqualität wie Funktion und Design sind zu ergänzen um Anforderungen an CO2-Abdruck, Haltbarkeit, Wiederverwendung und faire Produktion. In diesem Sinne ist Nachhaltigkeit Bestandteil eines erweiterten Qualitätsversprechens. Ähnliches lässt sich auch über Umweltschutz, Arbeitssicherheit sagen.
Lutz Krämer: Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie also überzeugt, dass nachhaltiges Handeln Qualität erzeugt und umgekehrt Qualität auch zur besseren Nachhaltigkeit beiträgt?
Thomas Stöber: Absolut!
Lutz Krämer: Wie bereits von Ihnen erwähnt, sollte Qualität nicht an wenige Personen im Unternehmen „wegdelegiert“ werden. Dieses umso weniger mit dem Verständnis für die Nähe von Qualität zur Nachhaltigkeit und umgekehrt. Nachhaltigkeit betrifft uns alle, also auch alle Mitarbeitenden und Stakeholder eines Unternehmens. Nachhaltigkeit lässt sich nicht wegdelegieren. Ist damit das isolierte Qualitätsdenken als Fachaufgabe auch ein Auslaufmodell?
Thomas Stöber: Um diese Frage besser beantworten zu können, gehen wir nochmals einen Schritt zurück. Es gibt regulative Anforderungen diverser Normen und weitere externe Anforderungen, z. B. kaufmännische Regeln, Gesetzesvorschriften, kundenbezogene Anforderungen oder z. B. die der Gesellschaft für ein faires Miteinander. Hinzu kommen interne Anforderungen, wie z. B. die der Mitarbeiter, der Investoren oder aus den Prozessen selbst. Damit das Unternehmen nun nicht zum Spielball zum Teil konkurrierender Interessen wird, bedarf es einer bewussten Positionierung des Unternehmens im Umgang mit den Erwartungen ex- und intern. Es ist zu klären, aus welchen Erwartungen konkrete Anforderungen für das Unternehmen werden und welche bewusst keine Berücksichtigung finden sollen? Damit es nun keinen willkürlichen Mix gibt, ist die Positionierung des Unternehmens entscheidend. In der Verantwortung steht hier an erster Stelle die oberste Leitung. Wofür steht sie ein? Wohin soll das von ihr geführte Unternehmen gelenkt werden, wie soll es sich entwickeln und welchen Beitrag können z. B. Mitarbeiter und Geschäftspartner leisten? Schnell wird nun klar, dass insofern man in der Vergangenheit Qualität noch als Aufgabe einiger weniger Spezialisten im Unternehmen gesehen und so auch delegiert hat, dieses spätestens bei der Nachhaltigkeit und der ihr gewidmeten großen Aufmerksamkeit nicht mehr funktionieren wird und kann.
Lutz Krämer: Was ist zu tun? Wie kommen wir in das richtige Handeln?
Thomas Stöber: Der Werkzeugkasten dafür ist bekannt, wir sprechen vom gelebten – besser noch vom von der Führung vorgelebten – Leitbild, von Unternehmenswerten, der Qualitäts- sowie Unternehmenspolitik und letztendlich ganz entscheidend von funktionierenden, wirksamen Prozessen. Liegt dieses Verständnis bei allen Beteiligten und der Führung vor, ist schnell klar, dass die vorhin diskutierte Rolle der Qualität im Verständnis eines Feuerwehrmanns viel zu kurz gedacht ist.
Lutz Krämer: Sie appellieren somit insbesondere an die oberste Leitung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, um ein in diesem Sinne modernes Qualitätsverständnis zu platzieren?
Thomas Stöber: Richtig, aber dafür braucht es eben auch die Qualitätsmanager, die dieses moderne Qualitätsverständnis im Unternehmen einfordern und auch mitgestalten – damit Qualität für uns alle zur helfenden Hand in unsicheren Zeiten werden kann.
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