Das Positive schon mal vorweg: Für Unternehmen, die ihre FMEAs mit einer professionellen Softwarelösung gemäß dem bestehenden VDA-Standard von 2006/2012 erstellen, ändert sich voraussichtlich nicht allzuviel. Die Anbieter von FMEA-Software stehen in Kontakt mit dem FMEA-Konsortium und haben sich bereits mehrheitlich auf die Änderungen vorbereitet. Sie werden zeitnah nach Veröffentlichung des endgültigen Standards ihre Software-Updates auf den Markt bringen.
Als eine der größeren positiven Änderungen kann sicherlich der Entfall der Risiko-Prioritäts-Zahl (RPZ) und deren Ersatz durch die Aufgaben-Priorität (AP) angesehen werden. Hierbei werden vom harmonisierten FMEA-Standard in Abhängigkeit von der Bedeutung (B), Bereiche für das Auftreten
(A) und die Entdeckung (E) definiert, in denen weitere Aufgaben nach „muss“, „sollte“ und „kann“ eingeteilt werden. Auch, wenn die Definitionen der Bereiche in einzelnen Punkten noch nicht ganz nachvollziehbar erscheinen, ist es dennoch ein Weg in die richtige Richtung, den bereits einige vorausdenkende Unternehmen in einer ähnlichen Weise beschreiten.
Als ein weiterer positiver Punkt ist die Vereinheitlichung der Risikobewertung und der dafür angewandten Tabellen zu nennen. Dies war unter anderem einer der Beweggründe, wa- rum der Arbeitskreis zur Vereinheitlichung der beiden Standards nach AIAG und VDA ins Leben gerufen wurde.
Letztendlich sei noch das sogenannte Scoping erwähnt, das die bisherigen fünf Schritte zur FMEA-Erstellung neben einer abschließenden Ergebnisdokumentation auf jetzt insgesamt sieben Schritte erweitert. Im ersten Schritt erlaubt das Scoping Unternehmen nun, ihre FMEA-Anwendung auf Entwicklungen und/oder Prozesse zu fokussieren, in denen effektive Korrekturmaßnahmen zu erwarten sind. In diesem Zusammenhang entwickeln derzeit Unternehmen sogenannte Risikofilter, die auf Basis einer selbst definierten Logik die anstehenden Entwicklungen und/oder Prozessplanungen in „FMEA erforderlich“, „FMEA empfehlenswert“ oder „keine FMEA erforderlich“ einteilen.
Als eine weitere größere Änderung kann der Umgang mit den „Besonderen Merkmalen“ in der FMEA angesehen werden. In der Entwicklung müssen nun die „Besonderen Merkmale“ nicht mehr im FMEA-Formblatt abgebildet werden. Dieser Punkt aus dem Gelbband hat zu vielen Diskussionen geführt. Nachfragen beim Arbeitskreisleiter präzisierten schließlich den Punkt: selbstverständlich
kann die Design-FMEA weiterhin zur Analyse „Besonderer Merkmale“ genutzt werden – sie muss es aber nicht. Andere systematische Vorgehensweisen sind auch erlaubt. Bei der Prozess-FMEA hingegen zeigte sich im Gelbband noch eine kleine Schwachstelle, da hier die
„Besonderen Merkmale“ im FMEA-Formblatt nicht eindeutig den Produktmerkmalen oder Prozessmerkmalen zugeordnet werden können. Eine Thematik, die Software- nutzer allerdings nur in geringem Maße tangieren wird.
Den positiven Punkten steht allerdings der Punkt gegenüber, wenn Unternehmen ihre FMEAs noch mit Hilfe von EXCEL erstellen. Gemäß dem vorliegenden Gelbband müssten diese Unternehmen zukünftig die Systemstrukturierung sowie die Funktions- und Fehleranalyse im FMEA-Formblatt mit abbilden. Ein FMEA-Formblatt, welches diese Schritte enthält, würde dann 28 Spalten umfassen. Neben der aufwendigen und unübersichtlichen Erstellung ergäbe sich zudem eine schlechte Les- barkeit dieser formblattorientierten FMEAs.
Müssen Unternehmen nun alle ihre FMEAs ändern? Nein – nach Erscheinung des neuen harmonisierten FMEA-Standards gelten folgende Regeln: Begonnene FMEAs dürfen nach dem alten Standard fortgeführt werden, während neue FMEAs sich an dem neuen Standard orientieren sollten. Bei marginalen Änderungen bestehender FMEAs kann auch zukünftig der alte Standard weitergeführt werden. Bei größeren Änderungen ist hingegen ein Übergang auf den neuen Standard empfohlen.
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