Eine junge Ingenieurin prüft eine Maschine.
Wissen

QM-Wissen: Produktionsprozess- und Produktfreigabe

Joséphine Fresen / 16.11.2023

Noch vor der Serienproduktion muss jeder Lieferant nachweisen, dass der Produktionsprozess und das Produkt alle Anforderungen erfüllen. Ein geeignetes Verfahren hierfür ist die Produktionsprozess- und Produktfreigabe (PPF). In diesem Artikel lesen Sie, warum:

Produktionsprozess- und Produktfreigabe (PPF) – eine Definition

Die Produktionsprozess- und Produktfreigabe, kurz PPF nach VDA Band 2, ist ein Verfahren, das der Erstbemusterung von Serienteilen in der Automobilbranche dient. Dem Namen entsprechend enthält das PPF-Verfahren einerseits die Freigabe der Prozesse zur Herstellung der Produkte und andererseits die Freigabe des Produktes.

Das PPF-Verfahren weist nach, dass die Anforderungen an den Produktionsprozess und das Produkt erfüllt werden. Das beinhaltet gleichermaßen gesetzliche, behördliche und zulassungsrelevante Anforderungen, Normen, technische Spezifikationen und kundenspezifische Anforderungen sowie vertragliche Vereinbarungen zwischen der Organisation und dem Kunden.

Im Rahmen der Freigabe werden die Bewertung des Produktionsprozesses und des Produktes durch Dokumente, Aufzeichnungen und Muster zur PPF ergänzt. Als PPF-Muster werden die Produkte bezeichnet, die als Erstmuster im Rahmen des PPF-Verfahrens vollständig mit serienmäßigen Betriebsmitteln und unter serienmäßigen Bedingungen hergestellt werden.

PPAP und PPF – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Auch der Production Part Approval Process, kurz PPAP, dient der Erstbemusterung von Serienteilen in der Automobilindustrie. Das PPAP-Verfahren und das PPF-Verfahren sind sich sehr ähnlich, der Unterschied liegt vor allem in der geografischen Herkunft: Das PPAP richtet sich nach der amerikanischen Automotive Industry Action Group (AIAG), das PPF hingegen orientiert sich an den Vorgaben der deutschen Automobilindustrie (Verband der Automobilindustrie e. V. oder kurz VDA).

Ziele der PPF

In der Automobilbranche ist die enge und intensive Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und der Organisation von immer größer werdender Bedeutung. Eine immer engere Zusammenarbeit in der Lieferkette, kürzere Entwicklungszeiten, eine größere Produktvielfalt und die zunehmende Komplexität erzwingen eine intensivere Abstimmung zwischen dem Kunden und der Organisation. Das PPF-Verfahren dokumentiert die standardisierte Nachweisführung entlang der gesamten Lieferkette, durch die nachgewiesen wird, dass eine störungsfreie Belieferung in der geforderten Qualität, zum vereinbarten Zeitpunkt, in der korrekten Stückzahl und mithilfe eines konkreten Produktionsprozesses möglich ist. Ziel der PPF ist daher die Sicherstellung, dass die Organisation die Voraussetzungen für die Lieferung von spezifikationskonformen Produkten erfüllt.

So läuft das PPF-Verfahren ab

Internes und externes Verfahren

Das PPF-Verfahren wird nicht nur bei Neuteilen, sondern auch bei Änderungen, einer Wiedernutzung oder aufgrund von kundenspezifischen Vereinbarungen ausgelöst. Je nach Auslösungsgrund initiieren entweder der Kunde oder die Organisation die Abstimmung zum PPF-Verfahren, in der das Verfahren geplant wird.

Hiermit beginnt das interne PPF-Verfahren, in dem der Produktionsprozess und das Produkt eingehend darauf geprüft werden, ob unter Einhaltung aller vereinbarten Bedingungen das geplante Ergebnis erzielt werden kann.

Danach beginnt das externe PPF-Verfahren. Die Organisation übermittelt die PPF-Muster und die PPF-Dokumentation dem Kunden, der auf Basis dieser Nachweise die Entscheidung trifft, ob das Produkt und der Produktionsprozess allen Anforderungen entsprechen.

Abschluss des Verfahrens

Sind die vereinbarten Anforderungen uneingeschränkt erfüllt bzw. kann der Kunde Abweichungen dauerhaft akzeptieren, ist das PPF-Verfahren abgeschlossen und die Lieferfreigabe kann erteilt werden. Können die Anforderungen nicht vollumfänglich erfüllt werden, werden Maßnahmen vereinbart und es muss eine aktualisierte PPF-Dokumentation vorgelegt werden. Erweisen sich der Produktionsprozess oder das Produkt nicht als kunden- oder serientauglich, wird die Serienlieferfreigabe nicht erteilt und ein neues PPF-Verfahren ist erforderlich.

Das PPF-Verfahren kann in mehreren Stufen erfolgen. Die Einzelheiten sind in der Abstimmung zum PPF-Verfahren zu vereinbaren. Zudem dürfen mehrere Varianten eines Produktes in einem gemeinsamen PPF-Verfahren freigegeben werden, sofern dies in der Abstimmung zum Verfahren vereinbart wurde und die Varianten eine gemeinsame Basis im Produkt oder Produktionsprozess aufweisen. Zum Beispiel kann das Softwarevarianten, Baugruppen mit verschiedenen Materialmöglichkeiten oder Autositze in verschiedenen Ausstattungsvarianten betreffen. Dass die Anforderungen zu variantenunabhängigen Merkmalen erfüllt werden können, kann hier anhand einer Variante nachgewiesen werden. Der Nachweis hat daraufhin für alle Varianten Gültigkeit.

Erst mit der Entscheidung des Kunden, die Lieferfreigabe zu erteilen, gilt das PPF-Verfahren als abgeschlossen. Vorher darf die Organisation die im Rahmen der PPF beschriebenen Produkte nicht liefern.

Die Relevanz des PPF-Verfahrens im Qualitätsmanagement

Nachweis der Prozess- und Produktqualität

Ein beständig steigender Kostendruck in Kombination mit einem steigenden Risiko für Lieferumfänge bezüglich Reifegrad und Qualität der Produkte macht ein effizientes Zusammenspiel der Produktionsprozess- und Produktfreigabe unbedingt notwendig.

Das PPF-Verfahren erleichtert hier die Abstimmung zwischen dem Kunden und der Organisation, da die Einhaltung der Anforderungen des Kunden dokumentiert und nachgewiesen werden. Im Rahmen des Freigabeverfahrens ist die Qualitätsfähigkeit des kompletten Produktionsprozesses und des Produkts unter Serienbedingungen nachzuweisen. Die PPF dient somit der Qualitätssicherung der Produktionsprozesse und Produkte, da die Serienteile nachweislich allen Ansprüchen des Kunden in Bezug auf Qualität genügen müssen. Die PPF kann daher als ein zentraler Aufgabenbereich des Qualitätsmanagements verstanden werden.

Vorteile der softwaregestützten Bemusterung

Immer mehr Organisationen setzen auf eine übersichtliche Softwarelösung, um die Erstbemusterung abzuwickeln, da diese Zeit und Kosten spart. Geeignete Softwarelösungen (z. B. BabtecQ) unterstützen sowohl das PPF- als auch das PPAP-Verfahren und erleichtern alle Schritte des Bemusterungsprozesses. So können Organisationen sichergehen, dass nicht nur alle Qualitätsforderungen des Kunden erfüllt sind, sondern auch die Nachweisführung dessen zeitsparend, effizient und übersichtlich stattfindet.

Mit der Software für die Erstbemusterung steht Ihnen ein umfassendes und praxisorientiertes Werkzeug für die effektive Durchführung und Verwaltung Ihrer Freigabeverfahren zur Verfügung. Dabei werden die Forderungen der AIAG- (PPAP) und VDA 2-Richtlinien (PPF) aus der Automotive-Industrie unterstützt. Für die Bewertung der Produkte führen Anwender Erstmusterprüfungen anhand der in der Zeichnung festgelegten Produktmerkmale durch, die im Anschluss über einen Erstmusterprüfbericht (EMPB) dokumentiert werden. Mit diesem kann der Lieferant dann den Nachweis erbringen, dass die gelieferten Produkte den Qualitätsanforderungen des Kunden entsprechen.

Softwaregestützte Erstbemusterung

Eine QM-Software, die nicht nur die softwaregestützte Erstellung von Erstmusterprüfberichten bietet sowie das PPF-Verfahren und das PPAP-Verfahren unterstützt, sondern auch weitere Prozesse aus dem Qualitätsmanagement abdeckt, ist BabtecQ. Für die Bewertung von Produkten führen Anwender:innen darin Erstmusterprüfungen anhand festgelegter Produktmerkmale durch und dokumentieren diese im Anschluss über einen Erstmusterprüfbericht (EMPB).

Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar verfassen

* Diese Felder sind erforderlich